15.3.2024

AK plant eigenen Fachausschuss für Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufe

Eine IFES-Befragung im Auftrag der AK zeigt die vielen Baustellen in den Gesundheitsberufen auf: 60 Prozent der Beschäftigten sind durch Zeitdruck massiv belastet, fast jede/r Zweite klagt über zu viele Einspringerdienste, mehr als ein Drittel vermisst eine angemessene Bezahlung. Die Maßnahmen der Politik greifen oft zu kurz oder kommen nicht bei allen an. Trotzdem macht der Großteil der Arbeitnehmer:innen den Job gerne. „Diese Motivation darf nicht verloren gehen, sondern muss durch Verbesserungen am Leben gehalten werden“, sagt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder, „deshalb werden wir nun in der AK erstmals einen eigenen Fachausschuss einrichten, um diese so wichtigen Berufsgruppen aufzuwerten. Es geht schließlich nicht nur um bessere Arbeitsbedingungen, sondern auch um die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung.“

Gute Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in den Gesundheitsberufen und damit auch die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung stehen ganz oben auf der Prioritätenliste der Salzburger Arbeiterkammer. Um einen gesicherten Einblick in die Herausforderungen in diesen Branchen zu bekommen, hat IFES im Auftrag der AK nachgefragt: Rund 20.000 Beschäftigte im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich wurden per Fragebogen eingeladen, Stellung zu ihren Arbeitsbedingungen zu nehmen, fast 2.800, also 13 Prozent, haben geantwortet, ein sehr guter Rücklauf für eine so breit gestreute Umfrage. „Nur wenn wir wissen wo es genau hakt, können wir uns für Verbesserungen stark machen“, erklärt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die von der Politik getroffenen Maßnahmen mancherorts entweder zu kurz greifen, oder bislang nicht überall angekommen sind.

6 von 10 massiv durch Zeitdruck belastet

Speziell zwei Aspekte stoßen dem Großteil der Befragten sauer auf: Zeitdruck und (kurzfristige) Einspringerdienste. So fühlen sich 60 Prozent durch Zeitdruck und Stress massiv belastet, sie sehen den Hauptgrund darin, dass einfach zu wenig Personal für die immer komplexer werdenden Anforderungen vorhanden ist. Folgende Forderungen und Wünsche bei den offenen Fragen zu Verbesserungsvorschlägen spiegeln diese Empfindungen wieder:

  • „Mehr Personal (höherer Personalschlüssel), um den Klienten und meiner Aufgabe gerecht werden zu können.“
  • „Mehr Pflegepersonal, um genau zu sein, lediglich 1 Person im Vormittagsdienst mehr. Wenn "irrtümlich" eine Person mehr eingeteilt ist, dann ist die Arbeit viel besser, das sagen auch alle Kollegen, Kolleginnen.“

Mehr Personal durch attraktiveres Ausbildungsentgelt

AK-Präsident Peter Eder: „Nicht zuletzt auf Druck von AK und ÖGB wurden in den letzten Jahren einige Förderungen für Auszubildende, insbesondere im Pflegebereich eingeführt.“ Etwa 600 Euro pro Monat für Studierende und Auszubildende unter 20 Jahren oder für ältere Auszubildende zur Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz ein Pflegestipendium von aktuell 1.540 Euro.

„Diese Beträge sind zu gering, denn besonders Auszubildende im zweiten Bildungsweg können ihre Lebenserhaltungskosten damit kaum bestreiten“, gibt Eder zu bedenken.“ Die Forderung von AK und ÖGB war die Orientierung an der Polizeiausbildung. Hier gab es schon in der Vergangenheit 1.700 Euro pro Monat im ersten Ausbildungsjahr – aktuell sind es 2.295 Euro. „Wir schauen hier auch bei den anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen genau hin, denn auch dort braucht es substantielle Verbesserungen“, so der AK-Präsident.

Dienstzeiten nagen oft an der Substanz

Eine zweite Baustelle sehen viele Beschäftigte – fast jede/r Zweite – in den langen und oft unregelmäßigen Dienstzeiten, Stichwort kurzfristige Einspringerdienste. Freizeitplanung und Dienstplansicherheit werden da oft zu Fremdworten, wie etwa folgende Anmerkung zeigt:

  • "Dass der Dienstplan eingehalten wird. Jeden Tag ändert sich der Dienstplan. Man kann sich privat nichts mehr vornehmen. Eigene Arzttermin muss man ständig verschieben oder absagen. Auch wenn man frei hat muss man ab 7.00 Uhr erreichbar sein!!!“

Nicht nur die aktuelle Umfrage, sondern auch der Beratungsalltag in der AK zeigen, dass den Beschäftigten Dienstplansicherheit ein wichtiges Anliegen ist. „Oft höre ich, dass viele Pflegepersonen bei jedem Klingeln des Telefons zusammenzucken, weil sie sich fragen ‚Muss ich schon wieder einspringen?‘, berichtet Norbert Piberger, Leiter des AK-Referats für Gesundheitsberufe, Pflegepolitik und Registrierung.

Personal-Lösungen für kleinere Träger fehlen

Zugegeben: Erste Verbesserungsansätze gab es auf der monetären Ebene – Einspringerdienste werden zunehmend gut bezahlt. Das löst aber nicht das grundlegende Problem – im Sinne der Versorgungssicherheit haben Dienste besetzt zu werden. Hier gibt es bereits Konzepte in größeren Betrieben für flexible Pooldienste. Diese sind langsam in der Ausrollung und kommen dort auch schon an. „Damit ist aber den vielen Beschäftigten kleinerer Träger nicht geholfen. Hier braucht es landesweite Lösungen – von Pooldiensten hin zu tele-pflegerischen Konsiliardiensten um kurzfristige Spitzen und Mehrbedarfe abzudecken“, so AK-Experte Piberger.

Mehr als ein Drittel fordert bessere Bezahlung

35 Prozent der Befragten sind mit ihrer Entlohnung unzufrieden und fordern Verbesserungen – siehe folgender Kommentar:

  • „Ich wäre für eine faire Bezahlung, d.h. für eine Erhöhung der Löhne oder für eine Reduktion der Arbeitszeit bei gleichem Lohn - was sich aber in der derzeitigen Personalsituation als sehr schwierig herausstellt. Klatschen für die Pflege ist zwar schön, bringt uns aber nichts. HANDELN bitte!“

Nachholbedarf bei Einkommen für kürzer ausgebildete Berufe

Piberger: „Die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich sind hervorragend ausgebildete Fachkräfte. Sie haben viele komplexe Tätigkeiten übernommen, die noch vor wenigen Jahren Ärzt:innen oder zumindest länger ausgebildeten Berufen vorbehalten waren. Das Gehalt ist mit diesen zusätzlichen Anforderungen und Verantwortungen nur bedingt mitgegangen. Auch wenn es in vielen Bereichen Erhöhungen gab (Nachtdienstzulage, Einspringerzulage etc.), besteht insbesondere bei den kürzer ausgebildeten Berufen Nachbesserungsbedarf.“

Motivation der Beschäftigten trotz aller Probleme hoch

Trotz der genannten Herausforderungen, arbeitet der überwiegende Teil der Befragten – 69 Prozent – gerne oder sehr gerne in ihrem Job und ist mit ihrer Tätigkeit per se zufrieden.

„Beschäftigte in Gesundheits- Pflege- und Sozialberufen machen ihre Arbeit gerne. es scheitert also nicht an der Motivation“, fasst AK-Präsident Peter Eder die Befragungsergebnisse zusammen, „umso mehr müssen wir näher auf die Arbeitsbedingungen schauen und nennenswerte und nachhaltige Verbesserungen erreichen. Das sind wir jenen Arbeitnehmer:innen, die einen so immens wertvollen Dienst an der Gesellschaft leisten, einfach schuldig.“

 AK plant erstmals eigenen Fachausschuss

Bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich sind für Eder nicht nur Selbstzweck: „Es geht auch um die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung. Gut ausgebaute medizinische Versorgung, Pflege und Betreuung kommen allen zugute.“

Aber: Die Probleme in diesen Bereichen werden nicht weniger und vor allem werden sie komplexer. Um dem gerecht zu werden, reagiert die AK Salzburg nun mit einer Premiere – AK-Präsident Peter Eder „Bei der konstituierenden Sitzung des Arbeitnehmer:innen-Parlaments nächste Woche, werde ich den neu gewählten Kammer:rätinnen vorschlagen, die erstmalige Einrichtung eines eigenen Fachausschusses „Pflege-, Gesundheits- und Sozialberufe“ zu beschließen. Dieser Ausschuss, weisungsfrei und mit eigenem Budget ausgestattet, soll nicht nur beobachten und auf aktuelle Problemlagen reagieren, sondern noch mehr als bisher proaktiv Lösungen erarbeiten und anbieten.“

Dabei wollen AK und Gewerkschaften sowohl mit internen als auch externen Expert:innen zusammenarbeiten – breit aufgestellt für die Beschäftigten und die Bevölkerung. Die notwendigen Ressourcen werden von der AK Salzburg bereitgestellt.

Die Folien mit den Details und Ergebnissen der IFES-Umfrage finden Sie hier.

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